GESCHICHTE Irlands
Ca. 3000 v. Chr. |
Steinzeit. Erste Hünengräber |
3000-2000 v. Chr. |
Hünengräber und Dolmen, z.B. Newgrange, Knowth und Dowth, Carrowkeel und Loughcrow |
2000-500 v. Chr. |
Bronzezeit. Reicher Goldschmuck |
ca. 300 v. Chr. |
Die Kelten bringen gälische Kultur und Sprache. Eisenzeit - Fort Dun Aengus auf den Aran-Inseln |
254 n. Chr |
Cormac Mac Airt wird Großkönig von Tara - Herrscher über ganz Irland |
432 n. Chr |
Patrick landet in Irland und lehrt das Christentum |
441 n. Chr |
Patrick fastet 40 Tage auf dem Croagh Patrick, Co. Mayo - noch heute Irlands "Heiliger Berg" |
500-800 n. Chr. |
Es entstehen Klostersiedlungen, wie z.B. Clonmacnois, Glendalough und Gallarus Oratory auf der Dingle-Halbinsel. Irische Mönche missionieren auf dem europäischen Kontinent |
795 n. Chr. |
und später Erste Wikinger-Invasion. Hochkreuze und Rundtürme |
1142 |
Zisterziensermönche etablieren sich in Irland: Mellifont Abbey |
1169 |
Dermot, Exilkönig von Leinster, holt den Anglo-Normannen Richard de Clare aus England. Richard heiratet die Königstochter und wird selbst König von Leinster. Gleichzeitig beansprucht Heinrich II. von England die Oberhoheit über Irland und verschenkt große Ländereien an seine Vasallen |
1205 |
Trim Castle wird gebaut (Co. Meath) - größte Festung Irlands |
1394 |
Irische Könige unterwerfen sich Richard II. von England |
1494 |
Heinrich VII. schafft letzte Reste irischer Eigenständigkeit ab - das Parlament in Dublin darf nur noch mit seiner Zustimmung tagen |
1536 |
Heinrich VIII. wird König von Irland. Der Untergang der Klöster beginnt. |
um 1650 |
Aufstände gegen die Engländer. Cromwells Truppen verwüsten weite Teile Irlands |
1690 |
Jakob II. von England unterliegt Wilhelm von Oranien in der Schlacht am Boyne |
1782 |
England erkennt das Parlament in Dublin wieder an |
1800 |
England ruft mit dem "Act of Union" das "Vereinigte Königreich von Großbritannien und Irland" aus |
um 1850 |
Die "Große Hungersnot" treibt Millionen Iren in die Emigration oder bringt ihnen den Tod. Die Bevölkerung sinkt von 8 Millionen auf 4 Millionen |
1912 |
Mit der "Home Rule" gesteht England Irland Selbstverwaltung zu, was von nordirischen Protestanten verhindert wird |
1916 |
Der Osteraufstand scheitert |
1918-1921 |
nabhängigkeitskrieg führt zur Gründung des Freistaates Irland und Nordirlands. |
1937 |
Irland wird - ohne die 6 Nordost-Grafschaften - nach Volksabstimmung zum selbständigen, neutralen Staat - zur heutigen Republik Irland |
1949 |
Offizielle Ausrufung und Anerkennung der Republik Irland |
1955 |
Die Republik Irland wird Mitglied der Vereinten Nationen (UNO) |
1969 |
Wiederaufleben von Bürgerunruhen und gewaltsamen Aktionen in Nordirland |
1973 |
Die Republik Irland tritt nach einer Volksabstimmung der Europäischen Gemeinschaft bei |
1998 |
Karfreitagabkommen, fortschreitender Friedensprozess in Nordirland |
Vorgeschichte und Altertum
Dolmen in Irland Der Poulnabrone-Dolmen in Ballyvaghan ist nur einer der
zahlreichen Dolmen in Irland; aber auch in Wales, dem Südwesten Englands und in
der Bretagne sind noch viele Dolmen erhalten. Die Dolmen wurden im Neolithikum
als Grabkammern errichtet.Corbis/Michael St. Maur Sheil
Irland wurde bereits um 7500 v. Chr. von mittelsteinzeitlichen Sammlern und
Jägern besiedelt, die sich – vermutlich aus Schottland kommend – an der
Nordküste und den größeren Flusstälern niedergelassen hatten. Neolithische
Bauern, die wahrscheinlich ebenfalls aus Schottland kamen, wanderten um 4000 v.
Chr. zu und hinterließen u. a. die berühmten Megalithgräber in New Grange.
Während der Bronzezeit (in Irland seit etwa 2000 v. Chr.) wurden Waffen und
Werkzeuge aus Metall gefertigt, um 350 v. Chr. kamen keltische Stämme auf die
Insel, von denen die Gälen die gesamte Insel bis 400 n. Chr. eroberten. Während
des 4. und 5. Jahrhunderts griffen die Iren häufig die Küsten Britanniens und
Schottlands an und gründeten dort Siedlungen. Um 430 begann die
Christianisierung der Insel durch Palladius, den ersten Bischof Irlands, und
durch Saint Patrick, den heutigen Nationalheiligen.
Zu dieser Zeit war die Insel in zahlreiche kleine Königreiche zerfallen, blieb
aber weiterhin eine kulturelle und politische Einheit. Die Kleinkönige
unterstanden einem König, der am Berg Tara (im heutigen County Meath)
residierte. Rechtsgelehrte, die so genannten Brehons, sprachen Recht, ihnen
wurde Land geschenkt, und sie erhielten wichtige Privilegien.
Zwischen 520 und 560 wurden zahlreiche Klöster gegründet, die Irland zu einem
Zentrum christlicher Kultur machten. Von diesen Klöstern ging eine große
Missionsbewegung aus, und in den nachfolgenden Jahrhunderten zogen zahlreiche
Missionare (Columban der Ältere, Columban der Jüngere, Brendan) auf das
europäische Festland und gründeten dort Klöster: u. a. in Köln, Fulda, Trier,
Salzburg, Sankt Gallen, Würzburg und Regensburg. Andere Mönche gingen als
Einsiedler auf die Färöer-Inseln, nach Island und später nach Grönland.
Irland im Mittelalter
Ende des 8. Jahrhunderts kam es zu vermehrten Einfällen der Normannen, die u. a.
auch die Klöster zerstörten und so die erste Blütezeit Irlands beendeten. Die
Wikinger gründeten zahlreiche Siedlungen (z. B. Dublin 841). 1002 wurde Boru
(Brian Boroimhe) König von Irland, nachdem er den gälischen Stamm der Ui Neill
(O’Neill) besiegt hatte. Doch nach der Niederlage der Wikinger gegen Boru in der
Schlacht bei Clontarf in der Nähe von Dublin 1014 behielten diese eine
politische Sonderstellung bei.
Die Auseinandersetzungen um den so genannten Hochkönig begünstigten die
anglonormannische Eroberung, da der unterlegene König von Leinster, Dermot Mac
Murchada, am Hof des englischen Königs Heinrich II. um Hilfe bat und
anglonormannische Barone für die Rückeroberung seines Königreiches anwarb. Als
Gegenleistung versprach er ihnen – gegen irisches Recht – Ländereien und
Adelstitel in Leinster. Dermot kehrte 1169 mit ausländischen Söldnern und
zahlreichen irischen Verbündeten zurück. Er konnte einen Teil seiner ehemaligen
Ländereien zurückerobern und Dublin sowie andere Städte an der Ostküste
einnehmen. Nach seinem Tod erhob sein Schwiegersohn, Richard Strongbow, 2. Earl
of Pembroke, Anspruch auf den Thron von Leinster.
1171 setzte Heinrich mit einer großen Armee nach Irland über, um ein autonomes
anglonormannisches Königreich zu verhindern. Ein Jahr später hatten sich ihm die
meisten Könige Munsters und Leinsters, die kirchlichen Würdenträger und auch die
anglonormannischen Barone unterworfen. Diesen gewährte er die Landnahme, und
Teile der Insel wurden nun von diesen Lehnsherren verwaltet, die das Recht
hatten, Recht zu sprechen und Steuern einzutreiben. Regiert wurde dieser Teil
der Insel von einem Vizekönig; um 1300 befanden sich rund zwei Drittel in der
Hand der neuen Herrscher. Den Gälen war nur das nahezu unfruchtbare Gebiet im
Hochland geblieben. 1185 entsandte Heinrich seinen Sohn Johann nach Irland, der
1210 erneut, nun als König („Johann Ohneland”) auf die Insel kam, um die
zunehmende „Gälisierung” der anglonormannischen Barone zu unterbinden.
Anfang des 14. Jahrhunderts begannen die Iren, sich gegen die Fremdherrschaft zu
erheben. Nach der Schlacht bei Bannockburn 1314 fiel Edward Bruce, der jüngere
Bruder des Königs von Schottland, Robert Bruce, in Irland ein und versuchte ohne
Erfolg, die Engländer zu stürzen. Der Papst exkommunizierte auf Betreiben
Englands Bruce sowie seine irischen Verbündeten. Obwohl Bruce’ Unternehmen
fehlschlug, hatte seine Invasion eine allgemeine Machtminderung Englands in
Irland zur Folge.
Nach der Pestepidemie von 1348 hatte sich die irische Bevölkerung halbiert: Die
Insel war keine reiche Einkunftsquelle mehr, die englischen Landbesitzer lebten
daher nur noch im Ausland (Absentismus). 1366 beschloss das angloirische
Parlament das Statut von Kilkenny, das die Eheschließung zwischen Iren und
Engländern unter Androhung der Exkommunikation und hoher Strafe verbot. Doch
schon während der Zeit der Rosenkriege (1455-1485; Irland unterstützte das
unterlegene Haus York gegen das Haus Lancaster) kontrollierte die englische
Krone nur noch das als English Pale bezeichnete, mit Palisaden (pale)
eingefasste Gebiet um Dublin und den Hafen von Drogheda.
Beginn der englischen Herrschaft
Englisch-protestantische Ansiedelung in Irland Die Karte zeigt die allmähliche
protestantische Ansiedelung in Irland, durch die die englische Herrschaft über
Irland gefestigt werden sollte. Neben Engländern wurden auch Schotten in Irland
angesiedelt; da aber auch die Schotten Protestanten waren, akzeptierten sie die
englische, protestantische Herrschaft.
Als Heinrich VII. aus dem Hause Tudor 1485 den Thron bestieg, blieb Gerald
Fitzgerald, der 8. Graf von Kildare, Vizekönig von Irland, obwohl er das Haus
York unterstützt hatte. Er wurde erst 1494 durch Lord Edward Poynings ersetzt,
der englische Interessen gegen anglonormannische durchsetzte und das Statut von
Kilkenny bestätigte. Alle staatlichen Ämter, einschließlich der Richterämter,
wurden vom englischen König besetzt, und nach dem so genannten Poynings’ Law
mussten alle Gesetzesvorlagen erst vom englischen König genehmigt werden. Dieses
Gesetz bestimmte die Beziehungen zwischen den beiden Ländern bis zur Union von
1800.
1534 ließ der englische König Heinrich VIII. den Grafen von Kildare gefangen
nehmen und versuchte 1537, nach der Niederschlagung eines Aufstands, die
Reformation in Irland einzuführen. Die Klöster wurden aufgelöst, der Grundbesitz
wurde an königstreue Barone und neue Siedler aus England und Schottland
vergeben. Die Bevölkerung blieb allerdings katholisch, selbst die Angloiren.
1541 ließ sich Heinrich zum König von Irland erklären.
Unter der Herrschaft der katholischen Maria Stuart ging die Kolonisierung durch
englische Siedler weiter, und mit der Thronbesteigung Elisabeth I. wurde
zunächst die Politik der Aussöhnung ihres Vaters mit den irischen Fürsten
übernommen. Doch eines der größten Probleme war die konfessionelle Spaltung:
Elisabeth war wieder zum Protestantismus konvertiert, und zwischen 1559 und 1563
verabschiedete das Londoner Parlament Gesetze, die zur doktrinären Grundlage der
anglikanischen Kirche (Church of England) wurden. Mit dem Elisabethanischen
Kompromiss wurde die Church of England 1559 wieder zur Staatskirche und
Elisabeth Oberhaupt der von Rom unabhängigen anglikanischen Kirche. Im Interesse
einer innenpolitischen Konsolidierung suchte Elisabeth zunächst den Ausgleich
mit den Katholiken; die Spannungen zwischen anglikanischer und katholischer
Kirche verschärften sich erst nach der Flucht Maria Stuarts nach England 1568
und der Exkommunizierung Elisabeths durch den Papst 1570.
Verschiedene Aufstände erschütterten zunächst die englische Vorherrschaft auf
der Insel: der Aufstand des Fürsten Shane O’Neill in Ulster und der Aufstand in
der Provinz Munster (1569-1583), der nur mit Truppen vom europäischen Festland
niedergeschlagen werden konnte. James Fitzgerald, 16. Earl of Desmond, aus dem
Haus Geraldine, das über den Großteil Munsters herrschte, war besiegt worden,
doch Hugh O’Neill, der 3. Baron von Dungannon und 2. Earl of Tyrone, schlug die
englische Armee in der Schlacht von Blackwater sowie Robert Devereux, 2. Earl of
Essex, den Elisabeth entsandt hatte, um O’Neill zu unterwerfen, vernichtend. Als
ein weiterer Aufstand in Ulster (1593-1603) trotz spanischer Hilfe gescheitert
war, musste sich O’Neill den Engländern ergeben. Um den irischen Widerstand zu
brechen, zerstörten die Engländer zahlreiche Dörfer und vernichteten die Ernte,
schlachteten das Vieh ab und ermordeten viele Menschen. Der Großteil Munsters
und Ulsters wurde verwüstet: mehr Menschen starben am Hungertod als durch
Kriegshandlungen. Der Earl of Tyrone und Rory O’Donnell, 1. Earl of Tyrconnel,
flüchtete mit etwa 100 weiteren Clanfürsten 1607 nach Rom (Flight of the Earls).
Die Ländereien in Nord-Ulster wurden beschlagnahmt und mit rund 100 000
presbyterianischen Schotten (Ulster Plantation) besiedelt. Dadurch wurde Ulster
zum Zentrum des irischen Widerstands und zur englandtreuesten Region der Insel.
Die katholischen Bauern waren nun als Pächter von den neuen protestantischen
Grundherren abhängig.
Während der Englischen Revolution (1640-1660) versuchten die Iren unter der
Führung von Rory O’More 1641 Dublin zu erobern und die Engländer zu vertreiben.
Den Aufständischen kamen die katholischen Lords von Pale zu Hilfe. Ein oberster
Rat sollte Irland regieren. Karl I. entsandte Edward Somerset, Earl of Glamorgan,
um mit den Aufständischen zu verhandeln. Damit die Iren Karl I. innenpolitisch
unterstützten, bot er ihnen freie Religionsausübung an. 1647 endete das Bündnis
der Lords von Pale, die lediglich die Tolerierung ihrer Religion anstrebten, und
den Iren, die auf eine Wiederherstellung der alten Aufteilung des Landes
hofften. 1648 kehrte James Butler, 12. Earl of Ormonde, als Vizekönig Karl I.
zurück und verbündete sich mit den katholischen Lords.
1649 landete Oliver Cromwell mit 10 000 Soldaten der New Model Army bei Dublin,
um Vergeltung für den Aufstand von 1641 zu üben. Sie erstürmten Drogheda,
brachten die 2 000 Männer der Garnison um und eroberten Wexford. Cromwells
Nachfolger Henry Ireton und Edmund Ludlow führten den Krieg fort. Munster,
Leinster und Ulster wurden konfisziert und das Land unter den Soldaten der Armee
des Parlaments aufgeteilt, die katholischen und königstreuen Landbesitzer wurden
nach Connaught im Westen der Insel verbannt. Ein Teil des beschlagnahmten Landes
wurde unter Karl II. wieder zurückgegeben, doch zwei Drittel des irischen Landes
blieben in protestantischer Hand. Unter dem katholischen König Jakob II. und
seinem Vizekönig Richard Talbot, Earl of Tyrconnel, konnten Katholiken in
Staatsämter aufsteigen und die Bürgerwehr befehligen. Folglich stand die
katholische Bevölkerung bei der so genannten Glorious Revolution 1688 auf der
Seite Jakobs II., und Talbot stellte Jakob, als dieser 1689 mit französischen
Offizieren in Dublin landete, eine irische Armee zur Verfügung. Die
protestantischen Siedler wurden vertrieben und flüchteten nach Enniskillen bzw.
Londonderry. Das Parlament gab 1689 alle Ländereien, die seit 1641 beschlagnahmt
worden waren, zurück. Jakobs Versuch, nach seiner Absetzung an der Spitze einer
irisch-jakobinischen Armee seinen Thron wiederzuerlangen, führte am 1. Juli 1690
zur Schlacht am Boyne, in der er von Wilhelm III. von Oranien besiegt wurde. (In
Nordirland führen heute noch Mitglieder des protestantisches Oranierordens
alljährlich zur Erinnerung an diesen Sieg über den katholischen König einen
Marsch am Jahrestag der Schlacht durch.)
Im Vertrag von Limerick (1691) wurde den Katholiken zunächst ein gewisses Maß an
Religionsfreiheit gewährt und die Ländereien, die sie unter Karl II. besaßen,
zurückgegeben. Doch später zwang das englische Parlament Wilhelm dazu, das
Zugeständnis des Vertrags von Limerick hinsichtlich der Rückgabe des Landes zu
brechen. Danach erließ das protestantische irische Parlament eine Reihe von
Strafgesetzen gegen die irischen Katholiken, die ihnen verboten, die Messe zu
besuchen, Recht zu sprechen, öffentliche Ämter zu bekleiden, Schulen zu gründen,
zu unterrichten, Waffen zu tragen und Land zu kaufen oder zu erben. Der irische
Handel wurde von den Engländern behindert, und durch Gesetze aus den Jahren 1665
und 1680 wurde der Export irischer Rinder sowie von Milch, Butter und Käse nach
England untersagt. Ebenso wurde der Wollhandel durch ein Gesetz von 1699, das
die Ausfuhr von Wollwaren in sämtliche Länder bis auf England verbot, blockiert.
All diese Maßnahmen hatten verheerende wirtschaftliche Folgen, damit war die
Grundlage für eine wirtschaftliche Betätigung der katholischen Iren zerstört. Um
1700 gehörten ungefähr 90 Prozent des Grundbesitzes Engländern oder Angloiren.
Die protestantische Vorherrschaft in Irland konnte Rebellionen fast ein
Jahrhundert unterdrücken. Viele katholische Iren wanderten nach Spanien,
Frankreich und Amerika aus.
Der Nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg weckte in Ulster viel Sympathie,
insbesondere bei den Presbyterianern, da sie ebenso wie die Katholiken von
öffentlichen Ämtern ausgeschlossen waren, wünschten sie sich eine allgemeine
Emanzipation, die die Katholiken mit einschloss. 1778 erließ das irische
Parlament den Relief Act, der einige der stärksten Einschränkungen wieder
aufhob. Auf Antrag von Charles James Fox widerrief das britische Parlament das
Poynings’ Law sowie viele der Gesetze, die die Katholiken benachteiligten. Das
irische Parlament setzte sich allerdings nur aus Protestanten zusammen, die den
Katholiken das Wahlrecht nicht zugestehen wollten. 1795 bekamen durch
Premierminister William Pitts (dem Jüngeren) Catholic Relief Act die Katholiken
gleiches aktives Wahlrecht und das passive Wahlrecht für fast alle Ämter.
Die Forderungen der Französischen Revolution wurden in Irland von der Society of
United Irishmen übernommen, die 1798 einen Aufstand unter Wolf Tone
organisierte. In Wexford rebellierten die Bauern und stellten sich dem Kampf,
obwohl sie nur unzureichend bewaffnet waren. 1799 wurde der Aufstand
niedergeschlagen (etwa 30 000 Menschen kamen dabei ums Leben) und das irische
Parlament aufgehoben. Pitt rief mit der Unionsakte (Act of Union) am 1. Januar
1801 die Union zwischen Großbritannien und Irland aus. Das irische Parlament
wurde aufgehoben, und im gemeinsamen Parlament in Westminster waren zwangsweise
100 protestantische Abgeordnete aus Irland vertreten. Pitt musste jedoch
zurücktreten, als Georg III. sich weigerte, den Katholiken volle Gleichstellung
zu gewähren.
Irischer Nationalismus
Hungersnot in Irland Nachdem die Kraut- und Knollenfäule die Kartoffelernte in
Irland fast vollständig vernichtet hatte, herrschte in den Jahren 1845 bis 1849
eine erdrückende Hungersnot, der etwa eine Million Iren zum Opfer fielen.Hulton
Getty Picture Collection
Zwei Jahre nach dem Unionsbeschluss kam es am 23. Juli 1803 unter der Führung
von Robert Emmet erneut zu einem bewaffneten Aufstand, der aber schnell
niedergeschlagen wurde. 1823 gründete Daniel O’Connell die Catholic Association,
die 1829 das Wahlrecht für die Katholiken durchsetzen konnte. 1828 wurden die
Katholiken zu öffentlichen Ämtern zugelassen, und 1829 erhielten sie das
Wahlrecht. Weiterhin richtete sich ihr Kampf aber u. a. gegen den Zehnten, den
alle Iren, also auch die Katholiken, zur Erhaltung der anglikanischen Kirche in
Irland bezahlen mussten. Es kam zum so genannten Zehnt-Krieg (Tithe War), der
auch mit der Forderung nach Aufhebung der Unionsakte verbunden war.
Durch die Reform des britischen Parlaments im Jahr 1832 erhöhte sich die Zahl
der irischen Abgeordneten von 100 auf 105. Allmählich hatten Vertreter der
Mittelschicht politische Positionen erlangt und der englandfreundliche Adel war
geschwächt. 1838 wurde ein Gesetz verabschiedet, das den Zehnten in Pachtabgaben
umwandelte, die von den Grundbesitzern zu entrichten waren. Zwischen 1845 und
1847 litt die Bevölkerung aufgrund einer Kartoffelmissernte unter einer
verheerenden Hungersnot. Über eine Million Menschen starben an Hunger, zwei bis
drei Millionen Menschen wanderten aus, vor allem nach Amerika. Die Bevölkerung
reduzierte sich bis Ende 1848 von etwa acht auf vier Millionen Menschen. Die
Emigranten nahmen den Hass auf die Engländer mit in ihre neue Heimat, und ihre
irisch-amerikanischen Nachfahren spielten eine wichtige Rolle bei der
Finanzierung des irischen Unabhängigkeitskampfes.
Trotz der im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in Angriff genommenen Kirchen-
und Landwirtschaftsreformen verschärften sich die politischen und sozialen
Spannungen. Die Home-Rule-Bewegung, die von Charles Stewart Parnell geführt
wurde, erhob Forderungen nach politischer Autonomie. Auch Geheimbünde bereiteten
sich auf einen gewaltsamen Umsturz vor, der eine irische Republik herbeiführen
sollte. Schon 1867 hatten die „Unbesiegbaren” (Fenians) in den Counties Dublin
und Kerry eine Rebellion versucht; 1882 ermordeten sie den obersten britischen
Staatssekretär für Irland, Lord Frederick Charles Cavendish, und den
parlamentarischen Staatssekretär Thomas Henry Burke. Die Morde richteten sich
gegen ein Gesetz von 1881, das dem obersten Statthalter (Lord Lieutenant)
Irlands das Recht gab, jedermann auf bloßen Verdacht des Verrats hin verhaften
zu lassen. Der Crimes Act, der kurz nach dem Attentat erlassen wurde,
verschärfte die Bestimmungen des Gesetzes.
Arthur Griffith Der irische Journalist Arthur Griffith gründete 1905 die irische
republikanische Partei Sinn Féin.Hulton Deutsch
Premierminister William Gladstone versuchte, die irische Frage durch die Home
Rule Bill zu lösen, die er 1886 formell einbrachte. Dieses Gesetz hätte das
irische Parlament berechtigt, die Exekutive Irlands selbst zu bestimmen.
Steuerhoheit sollte aber nach wie vor beim britischen Parlament liegen. Parnell
nahm das Gesetz an, aber in Ulster und in England stieß es auf heftigen
Widerstand. 1895 legte Gladstone eine weitere Home Rule Bill vor, die vom
Oberhaus abgelehnt wurde.
Als Folge dieser Enttäuschung radikalisierten sich viele junge Iren. 1894 wurde
die Irish Agricultural Organization Society und 1903 die Gaelic League gebildet,
1905 gründete der irische Politiker und Journalist Arthur Griffith die Sinn Féin
(Irisch-Republikanische Bruderschaft), die wichtigste politische Partei des
Landes, die neben wirtschaftlichen Forderungen nachhaltig für die Unabhängigkeit
Irlands eintrat. 1913 schlossen sich die Irish Voluteers (Irische Freiwillige)
zusammen, um die Forderung nach Home Rule zu unterstützen.
Zwar wurde 1914 ein neues Home-Rule-Gesetz verabschiedet, das den nordirischen
Grafschaften freistellte bei Großbritannien zu bleiben oder nicht, doch der
Ausbruch des 1. Weltkrieges verhinderte das In-Kraft-Treten dieses Gesetzes.
Irische Unabhängigkeit: Freistaat und Republik
Black and Tans Britische Spezialeinheiten, nach den Farben ihrer Uniformen Black
and Tans genannt, halten ein mutmaßliches Sinn Féin-Mitglied fest und
durchsuchen den Mann nach Waffen. Die Black and Tans wurden 1920 rasch als
Hilfstruppen für die Royal Irish Constabulary aus den Reihen von
Weltkriegsveteranen rekrutiert und spielten in der Endphase des irischen
Unabhängigkeitskampfes eine wichtige Rolle auf probritischer Seite. Berüchtigt
waren sie vor allem für ihre Disziplinlosigkeit, die sich gerade in diesem
Krieg, in dem es auch darauf ankam, die irische Bevölkerung nicht vor den Kopf
zu stoßen, verheerend auswirkte.Corbis/Hulton-Deutsch Collection
Am 24. April 1916 (Ostersonntag), kam es zu einem Aufstand in Dublin, der von
Patrick Pears, James Connolly und Roger Casement angeführt wurde. Der so
genannte Osteraufstand scheiterte aber bereits nach fünf Tagen, und die Anführer
wurden hingerichtet. Diese Exekutionen radikalisierten die Sinn Féin und ihren
militärischen Arm, die Irish Republic Army (IRA), die nun großen Zulauf hatte.
Bei den Wahlen zum Londoner Unterhaus von 1918 verlor die irische
Home-Rule-Partei ihre Mehrheit an Sinn Féin. Im Januar 1919 bildeten die
irischen Unterhausabgeordneten ein eigenes Parlament (Cáil Éirean), das die
Unabhängigkeit erklärte und eine Regierung unter Eamon de Valera einsetzte.
Großbritannien erkannte die Unabhängigkeit nicht an, und es kam bis 1921 zu
einem Untergrundkrieg, zum so genannten angloirischen Krieg zwischen der IRA und
der Royal Irish Constabulary, die von britischen Armeeeinheiten, den Black and
Tans, unterstützt wurde.
Michael Collins Michael Collins – hier in der Uniform des Irischen Freistaates –
führte die Republik Irland in die Unabhängigkeit von der britischen Herrschaft.
Er kämpfte im Osteraufstand von 1916 und war später einer der bedeutendsten
Führer der Irisch-Republikanischen Armee (IRA). 1921 handelte er den
Anglo-Irischen Vertrag mit aus, der den irischen Aufstand beendete, allerdings
auch die IRA spaltete, was wiederum zum Ausbruch des Irischen Bürgerkrieges
führte. Zu Beginn des Bürgerkrieges 1922 wurde Collins von
radikal-republikanischen Gegnern des Anglo-Irischen Vertrages ermordet.Hulton
Getty Picture Collection
Noch während des Untergrundkrieges verabschiedete 1920 das britische Parlament
in London je ein Home-Rule-Gesetz für die mehrheitlich sechs protestantischen
nordirischen und für die übrigen Grafschaften der Insel.
Um den Konflikt zu entschärfen, war Premierminister Lloyd George im Juli 1921
bereit, mit Sinn Féin zu verhandeln. Nach fünfmonatigen Gesprächen wurde am 6.
Dezember 1921 ein Unabhängigkeitsvertrag unterzeichnet, der am 7. Januar 1922
ratifiziert wurde. Nach diesem Vertrag erhielten 26 Grafschaften den Status
eines Freistaates (Saorstát Éreann) innerhalb Großbritanniens (bzw. des späteren
Commonwealth); doch die sechs Grafschaften der Nordprovinz in Ulster hatten in
einer Volksabstimmung für den Beitritt zu Großbritannien gestimmt. (Zur weiteren
Entwicklung der sechs nordirischen Grafschaften siehe Nordirland und
Nordirland-Konflikt.)
Mary Robinson 1990 wurde die angesehene Juristin Mary Robinson als erste Frau
zum Staatsoberhaupt der Republik Irland gewählt. Im September 1997 trat sie kurz
vor Ende ihrer Amtszeit als Staatspräsidentin zurück, um den Posten der
UN-Kommissarin für Menschenrechte anzutreten.THE BETTMANN ARCHIVE/REUTERS
Zum ersten Premierminister des neuen Staates wurde Arthur Griffith gewählt, der
sein Amt aber nur von Januar bis August 1922 ausüben konnte. Er starb am 12.
August 1922, sein Nachfolger wurde William Thomas Cosgrave, der bis 1932
Ministerpräsident der Insel war.
Die Gegner des Vertrags gaben aber nicht auf: Es kam bis 1923 zu bewaffneten
Auseinandersetzungen, aus denen die Regierung als Sieger hervorging. Die
Befürworter des angloirischen Vertrags schlossen sich 1923 zu Cumann na
nGaedheal zusammen, aus der sich die Partei Fine Gael (Familie der Iren)
entwickelte. Die unterlegenen Gegner des Vertrags bildeten erst drei Jahre
später eine politische Gruppierung: 1926 gründete Eamon de Valera die Fianna
Fàil (Schicksalskameraden), die 1932 bei den Wahlen die Fine Gael überflügeln
konnten und de Valera zum Premierminister (bis 1948) machten.
Bertie Ahern Bei der Parlamentswahl im Juni 1997 gewann Bartholemew Patrick
Ahern von der Partei Fianna-Fail die Wahlen und wurde Premierminister.REUTERS/Kevin
Lamarque
Am 29. Dezember 1937 trat eine neue Verfassung in Kraft: Der Name des Staates
wurde in gälisch Éire (englisch: Ireland) geändert. Seitdem gibt es auch ein
Staatsoberhaupt: erster Staatspräsident wurde Douglas Hyde, der dieses Amt von
1938 bis 1945 bekleidete. Erst 1945, Irland war während des 2. Weltkrieges
neutral geblieben, erkannte Großbritannien die Verfassung von 1937 an. Im selben
Jahr übernahm Seán Tomás O’Kelly das Amt des Staatspräsidenten (bis 1959). Seine
vier Nachfolger bis 1992 gehörten alle der Fianna Fáil an: de Valera (bis 1973),
E. Childers (bis 1974), C. O’Dálaigh (bis 1976) und J. P. Hillery (bis 1992).
Mit der liberalen Mary Robinson wurde 1992 erstmals eine Frau in das höchste
Staatsamt gewählt, und im November 1997 wurde mit Mary McAleese wiederum eine
Frau als Staatspräsidentin der Republik Irland vereidigt.
1948 hatte eine Koalitionsregierung unter dem Fine-Gael-Politiker John Aloysius
Costello die Macht übernommen. Er war bis 1951 und dann wieder von 1954 bis 1957
Premierminister. Unter seiner Regierung wurde Irland 1949 eine Republik
(gälisch: Poblacht na hÈreann) und der Austritt aus dem Commonwealth erklärt.
Dies hatte aber Spannungen zwischen der Republik und Ulster zur Folge.
Premierminister Seán Lemass (1959-1966) sicherte deshalb der nordirischen
Regierung zu, dass nur eine Volksabstimmung über die Vereinigung beider Teile
entscheiden könne. 1955 trat dann Irland dann auch den Vereinten Nationen (UNO)
bei, 1965 wurde ein britisch-irisches Freihandelsabkommen geschlossen und 1973
wurde die Republik Irland Mitglied in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.
Mary McAleese Mit Mary McAleese wurde 1997 erstmals eine Nordirin in das Amt des
Staatspräsidenten der Republik Irland gewählt. Nach ihrer Vorgängerin Mary
Robinson war sie bereits die zweite Frau in diesem höchsten irischen
Staatsamt.Archive Photos/Reuters/Braian Snyder
Seit 1969 war es über viele Jahre zu einer Terrorwelle in Nordirland gekommen.
Die britische und die irische Regierung führte immer wieder Gespräche zur Lösung
des Nordirlandproblems, die auch die Frage der Wiedervereinigung beider Teile
berührten. Abgesehen von der Vereinbarung von Hillsborough 1985, die der
Republik Irland eine beratende Funktion bei Nordirland betreffenden
Angelegenheiten einräumte, brachten diese Gespräche zunächst jedoch kaum
entscheidende Fortschritte. Erst Mitte der neunziger Jahre kam es zum Durchbruch
in der Nordirlandfrage (siehe Nordirland-Konflikt).
Innenpolitisch kam es in Irland aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen
Situation des Landes in den siebziger Jahren zu häufigen Regierungswechseln
zwischen den beiden großen politischen Lagern Fianna Fáil und Fine Gael: Auf die
Finna-Fáil-Premiers John Lynch (1977-1979) und Charles James Haughey (1979-1981)
folgte zunächst für kurze Zeit 1981/82 Garret FitzGerald von Fine Gael. Er wurde
wiederum von Haughey im März 1982 abgelöst, der aber bereits im November 1982
das Amt wieder an FitzGerald abtreten musste. Die Wahlen von 1987 brachten
erneut Finna Fáil die Mehrheit und Haughey blieb bis 1992 Premierminister und
wurde von seinem Parteifreund Albert Reynolds abgelöst, der im Dezember 1994 das
Amt an den Fine-Gael-Politiker John Bruton übergab. Bei der Parlamentswahl im
Juni 1997 ging Bertie Ahern von der Fianna Fáil als Sieger hervor.
Im Herbst 1997 nahmen die im Nordirland-Konflikt involvierten Parteien (die
britische Regierung, die nordirischen Parteien und die Regierung der Republik
Irland) erneut Friedensgespräche auf, die aufgrund des Engagements des
britischen Premierministers Tony Blair und seines irischen Amtskollegen Ahern am
10. April 1998 mit dem Abschluss eines Friedensabkommens endeten. Das Abkommen
sah u. a. die Einrichtung gesamtirischer Institutionen vor, und es schrieb den
Verzicht der Republik Irland auf alle bislang noch aufrechterhaltenen Ansprüche
auf Nordirland fest. Dem Abkommen stimmten im darauf folgenden Monat bei einem
Referendum 94,5 Prozent der Wähler in der Republik Irland und 71,1 Prozent in
Nordirland zu. Am 9. März wurden in einer Reihe von Abkommen u. a. die
Einrichtung neuer Institutionen wie einiger Ausschüsse zur gesamtirischen
Zusammenarbeit beschlossen. Im März 1999 wurden aus der irischen Verfassung die
Artikel gestrichen, in denen die Gebietsansprüche der Republik Irland auf
Nordirland festgehalten worden waren.
Irland nimmt seit dem 1. Januar 1999 ebenso wie Belgien, Deutschland, Finnland,
Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien an
der Einführung des Euro teil. Aufgrund der wirtschaftlichen Daten von 1997 war
dies von den EU-Staats- und Regierungschefs am 3. Mai 1998 in Brüssel
beschlossen worden. Seit dem 1. Januar 2002 ist der Euro Währungseinheit in
Irland.
Bei den Parlamentswahlen am 17. Mai 2002 wurde die aus Fianna Fáil (FF) und
Progressive Democrats (PD) bestehende Regierungskoalition unter Premierminister
Bertie Ahern bestätigt. Sie erreichte 89 (FF: 81, PD: 8) von 166 Mandaten
gegenüber 81 Sitzen bei den Wahlen von 1997 und verfügt somit über die Mehrheit
im Repräsentantenhaus.